Die Corona-Krise war von Anfang an auch eine Krise der Kommunikation. Angemaßte Meinungshoheit und Intoleranz statt Offenheit und Meinungspluralismus - es ist nicht so, als sei dies eine ganz neue Entwicklung in der bundesdeutschen Wirklichkeit, doch aus meiner Sicht haben die Aufkündigung des gesellschaftlichen Dialogs und die Marginalisierung konstruktiv-kritischer Menschen eine erschreckende Steigerung erfahren. Die echten Auseinandersetzungen, in denen sich die Heterogentität der Sichtweisen, Interessen und Sehnsüchte der Menschen ausdrücken und wirken könnte, werden nicht mehr ausgehalten.
Seit Beginn der einschneidenden Maßnahmen beschäftige ich mich intensiv mit der Corona-Krise. Zunächst war es die autoritäre Art, wie die Regierung ihre offizielle Darstellung vortrug, die mich skeptisch machte. Ausdrücklich wies man darauf hin, dass nur den Behörden zu glauben sei. Abweichende Meinungen, wie sie beispielsweise Prof. Sucharit Bhakdi auf einem Youtube-Video darlegte, wurden nicht nur keiner Diskussion gewürdigt, sondern zensiert und diskreditiert (siehe dazu diesen Blog-Artikel) Dies war für mich ein Alarmsignal, denn eine offene Gesellschaft darf die Meinungsvielfalt nicht unterdrücken. Dann fing ich an, die medizinischen Fragen zu stellen, die im Zusammenhang mit der Pandemie von Bedeutung sind. Auch hier stieß ich auf zahlreiche eklantante Widersprüche zur offiziellen Darstellung. Die Zahlen, die uns präsentiert wurden, hatten offensichtlich das Ziel, Angst zu schüren, statt ein realistisches Bild vom Infektionsgeschehen zu zeichnen. Jede Regierung weiß ganz genau, wie sie der Öffentlichkeit Zahlen präsentieren muss. Nehmen Sie zum Beispiel die Arbeitslosenzahlen. Werden diese Zahlen kumulativ addiert und dann Tag für Tag an prominenter Stelle veröffentlicht? Werden in der Arbeitslosenstatistik die absoluten Zahlen der „Arbeitslosen“, „Wiedervermittelten“ und „Unvermittelbaren“ aufgereiht, so dass sehen können, wie es schlecht um unsere Wirtschaft steht? Nein, natürlich nicht. Ganz anders liegen die Dinge bei der öffentlichen Darstellung der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“: Hier wurden Tag für Tag „Infizierte“, „Genesene“ und „Verstorbene“ undifferenziert und kontextlos zur Schau gestellt. Die so herbeigeführte Angst- und Schockwirkung der Zahlen hat - zusammen mit Bildern aus Bergamo und New York, die ebenfalls verfälschend aus dem Zusammenhang gerissen wurden - die Menschen empfänglich gemacht für die schwersten Grundrechtseingriffe seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Kritik an diesen Zahlen setzte schnell ein, obwohl diese Kritik nicht willkommen war (was sie hätte sein müssen, wenn es den Verantwortlichen wirklich um eine realistische Erfassung des epidemischen Geschehens gegangen wäre). Das Online-Magazin Multipolar deckte auf, dass die hohen „Infektionszahlen“, die zu einer exponentiell aussehenden Kurve gestylt wurden, nichts mit einem wirklich exponentiellen Anstieg der Infektionen zu tun hatte, sondern mit einer - vom RKI zunächst verschwiegenen - Steigerung der PCR-Testungen. Inzwischen ist auch der PCR-Test selbst als Indikator für die Ausbreitung der Infektion mit SarsCov2 als nicht aussagekräftig enttarnt worden, da ein PCR-Test keine Infektion nachweisen kann, sondern lediglich Trümmer von Molekülen, die dann - im Zusammenhang mit einer entsprechenen ärztlichen Untersuchung konkreter Symptome - zur begleitenden Erregerbestimmung genutzt werden können. Die medizinische Diskussion über den Erreger, seine Gefährlichkeit und die Gefahr, die sich daraus für den Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes ergibt, muss ergebnisoffen und kontrovers geführt werden. Doch war genau dies von Anfang an nicht der Fall, wie man an der Zensur von Youtube-Videos, den Abwertungen und Ausgrenzungen Andersdenkender sehen kann. Die Politik hat in ihrer Kommunikation die Losung ausgegeben: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns! Alles andere als Unterwerfung unter das Meinungsdiktat der neuen "Solidargemeinschaft" wurde nicht toleriert. Dabei gäbe es vieles zu diskutieren! Wie sich inzwischen gezeigt hat, ist nämlich Sars-Cov-2 nicht so gefährlich wie anfangs befürchtet und durchaus vergleichbar mit Influenzaerregern. Auch drohte zu keinem Zeitpunkt eine Überforderung des Gesundheitssystems. Die Inzidenzwerte, mit denen der Lockdown mit all seinen harten Begleitwirkungen gerechtfertigt wird, sind als Maßstab für die Einordnung des epidemischen Geschehens nach Auffassung von Experten nicht aussagekräftig. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Jürgen Papier warnt vor einer "Erosion des Rechtsstaates". Die wirtschaftlichen und psychosozialen Folgen der Lockdowns sind unvorstellbar hoch - sie sind von der breiten Öffentlichkeit noch kaum wahrgenommen worden. Doch über diese kritischen Punkte wird viel zu wenig diskutiert. Es ist, als hätten viele Menschen ihren Eid auf die in Wissenschaftssprache gewandeten Glaubenssätze der Politik geleistet. Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch unter Bekannten, Kollegen und Freunden besteht fast keine Möglichkeit mehr, die wichtigen Themen im Zusammenhang mit der Pandemie und der Art des Umgangs damit zu erörtern. Nach meinen Erfahrungen werden „Corona-Gespräche“ meist entweder ängstlich vermieden oder gleich entrüstet abgebrochen, wenn sie beginnen. Das Argument lautet dann, dass man mit mir eigentlich nicht zu sprechen brauche, da ich ja absurde, rechte Verschwörungstheorien äußern und mich in gefährlicher Nähe zu Querdenkern befinden würde. Das Selbstverständnis der so Argumentierenden ist, dass sie sich für „auf dem Boden unserer Demokratie“ oder „auf dem Boden der Realität“ stehende Zeitgenossen halten, die grundsäzlich tolerant und diskussionsbereit seien, doch im Falle schlimmer Angriffe auf Demokratie und gesunden Menschenverstand zur Abgrenzung gezwungen seien. In mehreren Fällen konnte ich nur staunen, wie schnell Menschen, mit denen ich schon länger in persönlichem oder beruflichen Kontakt stand, bereit waren, mich von mir abzuwenden, mich für "untragbar" zu erklären und dann den Kontakt ganz abzubrechen. Das Gespenstische an diesen Gesprächen im privaten und beruflichen Kontext ist, dass sie von demselben Geist beherrscht sind, der uns auch aus Medien und von Politikerseite entgegenkommt. Hier wie dort ist das aufrichtige, offene Gespräche längst aufgekündigt. Ich bin dankbar dafür, dass es doch auch Ausnahmen gibt. Manchmal gelingt das kontroverse Gespräch, auch wenn die Positionen unterschiedlich sind. Dann kann etwas Neues geschehen, mehr Verständnis und ein Bewusstsein für die gemeinsamen Interessen. In verschiedenen Gesprächskreisen erlebe ich, wie Menschen sich aus der Schockstarre herausbewegen und sich ihrer Menschlichkeit vergewissern können. Demokratie kann nicht gelingen, wenn "störende" Menschen ausgegrenzt und zur Konformität gezwungen werden. Wohin das führt, ist gerade in Israel zu sehen, wo ein Green Passport eingeführt. Dort können Menschen, die nicht geimpft sind, am öffentlichen Leben nicht mehr frei teilnehmen. Mit der auf dem Smartphone installierten Green Passport-App ist somit eine Totalkontrolle der Bevölkerung und ihrer Bewegungsfreiheit möglich. Diese Entwicklungen sind Schritte auf dem Weg in einen totalitären Staat. Ohne Vielfalt keine Freiheit. Ich möchte ein offenes Gespräch, das sowohl von Wertschätung als auch von Klarheit gekennzeichnet ist. Ich fühle mich mit den Menschen verbunden, auch wenn ich ihre Ansichten nicht teile. Der Religionsphilosoph Martin Buber sprach vom dialogischen Prinzip, das unser Menschsein bestimme. Es besagt, dass wir Menschen den Dialog brauchen, um uns selbst in der Begegnung mit dem anderen zu finden. Dieses Prinzip ist ein Lebensprinzip. Es darf nicht aufgegeben werden, wenn wir gesund, friedlich und glücklich leben wollen. Wissenschaft und Anti-Aufklärung
Botschaft: Wir folgen der Wissenschaft - glaubt uns, was wir sagen! Die Pandemie geht auf ihren ersten Geburtstag zu. Schon fast ein Jahr wird uns gesagt, dass wir in Deutschland eine außergewöhnlich bedrohliche epidemische Lage hätten, die entsprechend einschneidende Maßnahmen nötig machten. Begründet wird dies mit der Expertise der Wissenschaftler vom RKI, aber auch anderen Wissenschaftsinstituten wie der Leopoldina oder dem Helmholtz-Institut. Im Grunde ist es richtig, dass eine Regierung sich beraten lässt. Doch wer sich auf Wissenschaft beruft, muss sich auch von Wissenschaftlern in Frage stellen lassen. Gleich zu Beginn der Anti-Corona-Maßnahmen meldeten sich zahlreiche Wissenschaftler zu Wort, die der Einschätzung der Regierung und ihrer Berater widersprachen. Inzwischen sind es nicht nur einzelne Ärzte wie Dr. Bodo Schiffmann, Prof. Bhakdi und Prof. Hockertz, die sich gegen die Darstellung vom ungewöhnlich bedrohlichen Virus stellen, sondern Zusammenschlüsse von Ärzten, Wissenschaftlern und Angehörigen der Gesundheitsberufe. So formulierten beispielsweise ein Zusammenschluss belgischer Ärzte im Oktober 2020: "Wir, Ärzte und Angehörige der Gesundheitsberufe, möchten unsere ernste Besorgnis über die Entwicklung der Situation in den letzten Monaten im Zusammenhang mit dem Ausbruch des SARS-CoV-2-Virus zum Ausdruck bringen. Wir fordern die Politiker auf, unabhängig und kritisch über den Entscheidungsprozess und die obligatorische Durchführung von Korona-Maßnahmen informiert zu werden. Wir fordern eine offene Debatte, in der alle Experten ohne jede Form von Zensur vertreten sind." Ich will hier nicht zu der inhaltlichen Seite dieser Debatte Stellung nehmen, möchte jedoch auf einen eklatanten Widerspruch in der Argumentation der Regierung aufmerksam machen. Einerseits berufen sich Merkel, Spahn und Wieler auf Wissenschaft, andererseits verlangen sie von den Bürgern, dass diese die realexistierende fachliche Diskussion um die Gefährlichkeit des Virus und der geeignetsten Maßnahmen ignorieren und alles glauben, was man ihnen sagt. Das ist jedoch das Gegenteil von Wissenschaft. Es ist geradezu anti-aufklärerisch, denn Wissenserwerb geschieht ja gerade durch Widerspruch, Zweifel und Diskussion. Im Dezember 2020 erklärte Frau Merkel in einer Fragestunde zum Thema "Verschwörungstheorien": "Das ist ja im Grunde ein Angriff auf unsere ganze Lebensweise. (...) Seit der Aufklärung ist Europa den Weg gegangen, sich auf der Basis von Fakten sozusagen ein Weltbild zu verschaffen. Und wenn ein Weltbild plötzlich losgelöst oder antifaktisch ist, dann ist das natürlich mit unserer ganzen Art zu leben sehr schwer vereinbar." Die Kritik an der Regierungslinie in Sachen Corona pauschal als "antifaktisch" zu bezeichnen, ist ein Beispiel für die propagandistische Rhetorik, die wir von Anfang an in dieser Krise gehört haben. Wir wurden immer wieder aufgefordert, noch nicht einmal darüber nachzudenken, ob wir Aha-Regeln, Lockdown und Quarantäne wirklich brauchen, um der Infektionsgefahr durch SARS-CoV-2 zu begegnen. So erklärte Lothar Wieler auf einer Pressekonferenz am 28.07.20: "Diese Regeln werden wir noch monatelang einhalten müssen ... Die dürfen nie hinterfragt werden. Das sollten wir einfach so tun.“ Warum eigentlich nicht hinterfragen? Es kommt Erstaunliches dabei zutage. Prof. John A. Ioannidis in einer Studie vom September 2020: Lockdowns haben keine nachweisbare Wirksamkeit. Oder das Gutachten von Prof. Matthias Schrappe und Kollegen vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages: "Die Grundlagen für die Entwicklung einer adäquaten Teststrategie zur Kontrolle von SARS-2 sind derzeitig kaum existent. Es liegt weder ein sinnvolles konzeptionelles Verständnis vor, noch sind Fragestellungen formuliert, die die Entwicklung einer Teststrategie anleiten könnten." Es ist in Wirklichkeit enorm wichtig, dass wir nicht einfach alles glauben, was man uns im Fernsehen, in den Leitmedien oder auf Pressekonferenzen sagt. Wir sollten wieder lernen, es zu hinterfragen und offen zu diskutieren. Aufklärung ist unbequem; sie fordert uns heraus, wie schon Immanuel Kant wusste: "Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen." Solidarisierung und Isolation
Botschaft: Gemeinsam schaffen wir das - haltet euch voneinander fern! Der Kampf gegen eine vermeintlich außergewöhnliche Infektionsgefahr wird als eine Sache nationaler Solidarisierung dargestellt. Wer sich im öffentlichen Raum bewegt, kann sich den Appellen an unsere Verantwortlichkeit und Gemeinschaftlichkeit nicht entziehen. Ob an U-Bahn-Haltestellen, auf Plakatwänden, über Lautsprecher in der Bahn und Leuchttafeln an Autobahnen, überall heißt es: "Gemeinsam schaffen wir das!" Der Ruf nach Solidarisierung geht jedoch einher mit der Aufforderung, sich zu vereinzeln. Das propagierte Mittel zur Krisenbewältigung ist das "social distancing", also nicht nur das körperliche Abstandhalten, sondern auch das Reduzieren von sozialen Kontakten und Begegnungen jedweder Art. Vereinzelung ist für Psyche und Körper des Menschen jedoch schädlich. Wir brauchen Gemeinschaft, Nähe und Beziehung. Wir sind keine Maschinen, die man für ein paar Monate auf sozialen Ruhemodus schalten kann. Gemeinschaftlichkeit setzt echten Konsens voraus, aber was hier propagiert wird, ist eine unmenschliche Isolationsmaßnahme im Namen der Gesundheit. Überlegen Sie sich, was diese Vereinzelung für alte Menschen, für Kranke, für Menschen in Pflegeheimen, für Kinder, für psychisch belastete Menschen bedeutet. Wurden diese Menschen gefragt, ob sie auch das Gefühl haben, "es zu schaffen"? Die Entscheidung darüber, was verantwortlich und dem Allgemeinwohl dienlich ist, liegt nicht bei den Menschen unserer Gesellschaft, sondern bei der Bundesregierung, die sich in gewissen Abständen per Videokonferenz mit den Ländern darüber verständigt, wer sich wann wie wo mit wem treffen und nicht treffen darf, und bei den Gesundheitsämtern, Schulleitungen und den unzähligen Verordungsgebern auf Organisations- und Institutionsebene, die ihre Zielgruppen mit den neuesten Corona-Regeln auf dem laufenden halten. Diese "Gemeinschaftlichkeit" ist eine Pseudogemeinschaftlichkeit, denn sie kommt von oben und fordert Gehorsam und Gefügigikeit ein. Isolationsmaßnahmen schwächen das Immunsystem, machen anfällig für Stress, Einsamkeit, Depression und Aggression. Es ist verrückt, wenn im Namen des Gemeinwohls auf Monate hinweg die soziale, kulturelle und kommunikative Infrastruktur der Gesellschaft (Freundeskreise, Vereine, Chöre, Gottesdienste, Theater, Cafes, Restaurants etc.) ausgesetzt wird. Wer denkt, dass dieses Modell der Krisenbewältigung vernünftig und gesundheitsdienlich sei, hat vielleicht noch nicht bemerkt, wie gestresst, belastet, verängstigt und unglücklich viele Menschen sind. Es ist verrückt, im Namen des Gemeinwohls und der Gesundheit die Menschen voneinander dauerzuisolieren, und die Verrücktheit geht noch einen Schritt weiter, wenn die Kritiker dieser Maßnahmen (mehrheitlich normale Bürger wie Sie und ich, unter ihnen zahlreiche Wissenschaftler und Experten) als unverantwortlich, unsolidarisch und alarmistisch bezeichnet und so aus der Gemeinschaft der Verantwortungsvollen ausgegrenzt werden. Mein Eindruck ist, dass diese Verrücktheit immer mehr auch von denen gespürt wird, die in Bezug auf die Infektionsgefahr anderer Meinung sind als die Kritiker der Corona-Maßnahmen. Tatsächlich geht es hier um einen gesellschaftlichen Grundkonsens: Wollen wir in einer soziel fragmentierten, digital durchstrukturierten Gesellschaft leben oder in einer offenen, freien Gesellschaft, in der die Menschen einander sehen, hören, spüren und berühren können? (Fortsetzung folgt.) Inmitten dessen, was wir jetzt als die "Corona-Krise" oder "epidemische Lage nationaler Tragweite" zu bezeichen gewohnt sind, stellt sich die Frage, wie es uns eigentlich geht, die wir diese Situation erleben. Wie sieht es in unserem Innern aus, in unserer Seele? Wie fühlen und denken wir wirklich, jenseits des großen Meinungsstreits? In letzter Zeit habe ich Menschen oft davon reden hören, dass wir "in einer verrückten Zeit" leben und dass gerade "alles verrückt" sei. Diese beiläufig wie ein Kommentar zum Wetter geäußerte Zeitdiagnose findet leicht Zustimmung. Ob Menschen eher die vom Virus ausgehende Gesundheitsgefahr oder die von den Corona-Maßnahmen ausgehende Gefahr für Demokratie und Bürgerrechte hoch einschätzen - wir leben "in verrückten Zeiten".
Woher kommt dieses "verrückte" Gefühl? Ich meine, dies liegt daran, dass wir seit Beginn der Corona-Krise mit Botschaften konfrontiert werden, die keinen Sinn ergeben, die also tatsächlich logisch unvereinbar und somit verrückt sind. Ich möchte in diesem und weiteren Artikeln diesem sozialpsychologischen Phänomen der "verrückten Zeit" nachgehen und erforschen, welche Folgen sich daraus für unser individuelles und gesellschaftliches Leben ergeben. Dramatisierung und Normalisierung Botschaft: Es ist sehr schlimm - gewöhnt euch dran! Von Anfang an wurde die Gefahr, die sich durch ein neuartiges Virus für die gesamte Bevölkerung und unser Gesundheitssystem ergebe, als katastrophal groß dargestellt. "Wie im Krieg", "Horrorszenario", "unvorstellbares Leiden" - es gab kein Superlativ, der ausgelassen wurde. Dazu kamen schockierende Bilder und mathematische Kurven, die vor vielen Tausend, ja Millionen Toten warnten. Seltsamerweise kommunizierte die Regierung jedoch schon bald, dass die Bevölkerung sich nun an eine "neue Normalität" zu gewöhnen habe. Abstandsgebote, Kontaktreduzierung, Besuchsverbote, Reiseverbote, Geschäftsschließungen, Einschränkungen des kulturellen und privaten Lebens - wir sollten uns einfach dran gewöhnen. So veröffentlichte beispielsweise die Tagesschau-Redaktion am 04.05.20 eine Chronik zur Corona-Krise unter dem Titel "Ausnahmezustand als neue Normalität". Die Frage, warum denn ein Ausnahmezustand zur Normalität werden solle, wird hier gar nicht mehr gestellt. Die Botschaft "Es ist sehr schlimm - gewöhnt euch dran!" ist bereits gedankenlos verinnerlicht. Schon im Frühling wurden wir vom Gesundheitsministerium in einer allgegenwärtigen Plakataktion auf einen Sommer nach den AHA-Regeln eingestimmt. Die "Alltagsmaske" wurde trotz rückläufiger (als "Infektionszahlen" deklarierter) positiver Testzahlen in vielen Situationen des öffentlichen Lebens verpflichtend. Der Begriff der "Alltagsmaske" suggerierte uns, dass es sich gar nicht um ein medizinisches Produkt handelt, sondern um ein normales Element gesellschaftlicher Wirklichkeit, ebenso unhinterfragbar wie Stau, Wartenschlangen und Regenwetter. Doch Dramatisierung und Normalisierung passen nicht zusammen, sie ergeben keinen Sinn. Wenn eine Lage außergewöhnlich gefährlich ist, kann sie nicht gleichzeitig normal sein. Die gesunde Reaktion auf eine bedrohliche Situation ist das Bestreben, sie zu überwinden und schnell zum Ruhegleichgewicht zurückzukehren. Durch die Rede von der "neue Normalität" wird der Impuls nach rascher Überwindung des Ausnahmezustands jedoch unterdrückt, wird der Ausnahmezustand zur Normalität erklärt. (Fortsetzung folgt.) Seit März kommentiere ich auf diesen Blogs das Geschehen rund um die Corona-Krise. Inzwischen hat sich die gesellschaftliche Situation verschärft. Eine Spaltung geht durch das Land - in Maßnahmen-Befürworter und Maßnahmen-Gegner. Es herrscht Dialogverweigerung. Ein besonders beunruhigendes Beispiel ist die Weigerung dreier führender medizinischer Fachblätter, eine dänische Studie zur Wirksamkeit der Masken zu veröffentlichen. Auch im beruflichen und privaten Umfeld fällt mir zunehmend auf, dass der Weg des Dialoges selten beschritten wird. Doch gerade das wäre dringend notwendig.
Wir haben es bei der Corona-Krise mit einer vielschichtigen Thematik zu tun. Es geht um Gesundheit, Demokratie, das Verhältnis zwischen Staat und Individuum, das Wirtschaftssystem. Es geht darum, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwickelt - hin zu mehr oder weniger Fremdbestimmung, hin zu mehr oder weniger Solidarität, hin zu mehr oder weniger Offenheit und Authentizität. Ein einleuchtendes Prinzip in der Konfiktmoderation besagt, dass die Beziehungsebene vor der Sachebene zu klären ist. Das bedeutet: wenn die Konfliktparteien einander feindselig, vorurteilsvoll und kampfbereit gegenüberstehen, dann kann keine konstruktive Diskussion über die besten Lösungen stattfinden. Ein emotional zerstrittenes Ehepaar kann noch nicht einmal ein Regal zusammen aufbauen! Die Sachauseinandersetzung wird vom Beziehungskonflikt überlagert. Aus einem offenen Prozess der Auseinandersetzung wird ein Machtkampf. Ist der Konflikt aber erst einmal auf diese Kampfebene eskaliert, dann ist das Konfliktthema (der wahre Grund, warum die Beteiligten aneinander geraten) nicht mehr erkennbar und damit nicht bearbeitbar. Wir kennen diesen Mechanismus schon lange aus der Politik, wo die Parteien sich weniger an der besten gemeinsamen Lösung als an dem eigenen Machtgewinn orientieren. Die Konsequenz ist, dass die großen Probleme der Zeit - die Umweltkrise, die Krise unseres Wirtschaftssystems und unseres Gesellschaftsmodells, um nur einige zu nennen - von der Politik nicht konstruktiv erörert und einer Lösung zugeführt werden. Es wäre fatal, wenn wir, die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes, eine solche machtbezogene Konfliktkultur tolerieren, die darauf abzielt, den "Konfliktgegner" abzuwerten, auszugrenzen und in der öffenlichen Debatte durch Zensur und Diffamierung wirkungslos zu machen. Wir sollten uns dafür einsetzen, dass wir wieder zu "Konfliktpartnern" werden. Dieser Schritt wird möglich, wenn wir einsehen, dass wir bei allen Unterschieden auch gemeinsame Interessen haben und dass wir ohne Toleranz für die Unterschiede, die zwischen uns bestehen, alle verlieren werden. Wenn wir diesen Konflikt lösen wollen, müssen wir einander wieder zuhören. |
Guido Ingendaay
Ich schreibe zu persönlichen, zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Themen. Die gemeinsame Perspektive ist das authentische Leben, das die Möglichkeiten innerer Entfaltung, echter Begegnung und Gemeinschaftlichkeit erforscht. Mehr zu mir finden Sie hier.
Kategorien
Alle
Archiv
Dezember 2023
|