In verschiedenen Blogartikeln (z. B. hier) habe ich auf das Gefühl der Unwirklichkeit hingewiesen, das diese Corona-Zeit auszeichnet. Ich habe das mit den widersprüchlichen Botschaften in Verbindung gebracht, die regierungsseitig und massenmedial transportiert werden, z. B. die Aufforderung, solidarisch zu sein und sich voneinander fernzuhalten. Solche unsinnigen, lebensfremden Doppelbotschaften lösen einander entgegengesetzte und einander ausschließende Bewegungen aus. Um solidarisch sein zu können, brauche ich Begegnung und Kontakt. Wenn ich jedoch dazu aufgefordert werde, die Nähe der anderen zu meiden, wie soll ich dann für sie Mitgefühl entwickeln - ich weiß doch gar nicht, was mit ihnen los ist?
Doppelbotschaften stiften, wenn sie unkritisch geglaubt werden, Verwirrung. Sie machen uns Knoten ins Hirn. Sie verstören unser Gefühl für die Wirklichkeit. Wenn wir solche Doppelbotschaften verinnerlichen, senden wir unserem psychischen Selbstleitungssystem Signale, die es nicht verarbeiten kann. Die Folge ist eine Kapitulation vor dieser „verrückten“ Wirklichkeit, der Rückzug in die Scheinlogik der Doppelbotschaften, die heile Welt der gelebten Verrücktheit. In den Gesprächen, die ich bezüglich der Corona-Krise führe, fällt mir auf, dass es so leicht geschieht, aneinander vorbeizureden. Dabei wäre es so wichtig, zu verstehen, was uns trennt und was uns verbindet hinsichtlich der gegenwärtig drängenden Fragen. Was meinst du mit dem, was du sagst? Welche Vorstellungen und Werte beeinflussen deine Perspektive? Sprichst du aus eigener Erfahrung oder verlässt du dich auf die Expertise anderer? Welche Ängste und Hoffnungen hast du? Was ist dir wichtig, was willst du auf gar keinen Fall? Hier gilt es, das Gespräch zu verlangsamen, um die Zwischentöne, das Persönliche und Subjektive herauszuhören. Das bloße Nennen von Zahlen und „Fakten“ reicht nicht aus. Sonst tauschen wir viele Informationen aus, haben aber am Ende wenig voneinander gefühlt und verstanden. Ja, wir sind unterschiedlich. Wir haben nicht dieselben Gefühle, manchmal aber können wir uns in einander einfühlen, begreifen etwas von der fremden inneren Landschaft des anderen. Das Wichtigste ist dabei das Aufeinanderzugehen. Ohne Begegnung kein Verstehen. Ohne Begegnung keine Gemeinschaft. Die Corona-Krise wird am Leben gehalten durch genau das, was angeblich zu ihrer Bewältigung dient: die Vermeidung von Kontakt, Nähe und Berührung. Abstandhalten, Masken, Versammlungsverbote - diese Maßnahmen schaden nicht nur unserer körperlichen und psychischen Gesundheit, sie entfremden uns voneinander und machen es wahrscheinlicher, dass wir einander missverstehen und uns voneinander in Unverständnis zurückziehen. Hier liegt auch der Grund für die zunehmende Härte und Empathielosigkeit, mit der ausgrenzende und strafende Maßnahmen gegen Andersdenkende gutgeheißen werden. Ich möchte dich fragen: Selbst wenn du nicht meiner Meinung bist, stört es dich denn nicht, dass ich wegen meiner Meinung, die zuvor als "unseriös" oder "unsolidarisch“ gebrandmarkt wurde, meine Arbeit verliere, nicht mehr reisen oder ins Kino gehen darf? Kannst du das Leben mit deinen zurückgewonnenen Freiheiten genießen, wenn du weißt, dass die Freiheit, die dir nun nach dieser langen Durstrecke gewährt wird, mir und anderen vorenthalten wird? Was für ein Schutz ist denn das, wenn im Prozess des Schützens eine Gesellschaft in eine Apartheid verwandelt wird? Vielleicht denkst du ja, dass du dir das ja auch verdient hast, weil du dich ja an die Regeln hälst, Masken trägst und Abstand hälst. Du magst denken, dass solche Maßnahmen ja auch für dich kein Vergnügen sind und das jetzt diejenigen, die auf die Maßnahmen gepfiffen haben, eben auch mit Konsequenzen zu rechnen haben. Jeder könne doch seine Freiheiten haben, wenn er sich entsprechend verhalte. Dazu möchte ich dir sagen: Ich bin dafür, dass jeder Mensch aus seiner Individualität heraus sein Leben entfalten dürfen soll. Das ist für mich der Kern der Menschenwürde - den eigenen Weg im Leben zu gehen. Ich wünsche mir eine Gesellschaft, deren staatliche Verfassung einen Rahmen für solche freie Selbstentfaltung bildet. Ich lehne den Konformitätsdruck und den Zwang zur Anpassung ab. Eine Regierung, die mir Einschränkungen meiner Rechte auferlegt, ist in der Bringschuld. Nicht ich muss nachweisen, dass ich meine Grundrechte haben darf, die Regierung muss belegen, dass diese oder jene Grundrechsteinschränkung absolut notwendig und kein milderes Mittel vorhanden ist. Diese Nachweise ist die Regierung schuldig geblieben. Das jetzt ist erst der Anfang. Wir haben gerade mal 14 Monate Ausnahmesituation hinter uns und schon sind viele Menschen bereit, die Grundsätze der freien Meinungsäußerung, der Pluralität und der Selbstbestimmung im Namen eines vermeintlichen Notstands über Bord zu werfen. Die Lager für Quarantäneverweigerer sind schon eingerichtet. Das System der Erfassung, das die Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte, Akzeptable und Nicht-Akzeptable aufspaltet, ist bereits programmiert. Wenn dieses System vollends digital installiert und gesetzlich verankert ist (denn auch in einem totalitären System muss alles seine Ordnung haben), dann wirst du vielleicht merken, dass all das nicht für DICH geschaffen wurde. Du bist dann nur noch ein Datensatz im Rechner.
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Guido Ingendaay
Ich schreibe zu persönlichen, zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Themen. Die gemeinsame Perspektive ist das authentische Leben, das die Möglichkeiten innerer Entfaltung, echter Begegnung und Gemeinschaftlichkeit erforscht. Mehr zu mir finden Sie hier.
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